Boris Pikula

MENTAL COACH - LIFE COACH - LEADERSHIP COACH - Heilpraktiker für Psychotherapie
 

Liebe ist Tot, Lyrik und Texte

Beurteilt man die Liebe nach der Mehrzahl
ihrer Wirkungen, so ähnelt sie mehr dem Haß
als der Freundschaft

- F. Duc de la Rochefoucauld

Vorwort

Liebe ist tot – drei Worte, die eine Lawine auslösten, einen Erdrutsch verursachten, um aus tiefer Schlucht die angestaute, glühendheiße tödliche Lava mehrerer Jahre mit zerstörerischer Wucht hoch hinaus in die Lüfte zu schleudern.

Es war Anfang und Ende, Ende und Anfang in einem. Ein Moment, der alles bisher Gewesene und alles in den nächsten Jahrzehnten Kommende veränderte und verändern wollte. Eine schauderhafte Explosion einer Implosion von universeller Kraft gleich einem wilden Tier, das sich gefunden, um sich im gleichen Augenblick wieder zu verlieren und das aus seiner dunkelsten Höhle mit blitzend scharfen Reißzähnen hervorschoß, bereit, jeglichem Eindringling die Kehle zu zerreißen.

Das Unwetter kam ohne Ankündigung. Gerade schien noch blauer Himmel, und aus dem Nichts heraus zogen finstere Wolken auf, um sich mit hellem Blitz über Schule, Kirche, Erziehung und Kleinbürgertum mit ungebändigter Gewalt zu entladen.
Oh, wieviel uns diese Theoretiker des Lebens, unsere Lehrer, doch lehren! Welche Qualen durchgeht man, um mit ihnen fertig zu werden. Diese Schikanen, Ungerechtigkeiten, Unwissenheiten, Boshaftigkeiten, die man erfährt und dulden muß. Diese besserwisserischen Gärtner und Züchter von Neurosen. Ja, sie lehren uns, hart zu werden – den einen von außen, den anderen von innen und manche ganz und gar zu Stein.

Zum Teufel mit der Kirche, dem Christentum, seinem Klimbim und Hokuspokus! Doch was soll der arme Teufel mit ihr anfangen, wo er doch gerade mal froh war, sie los zu sein.

Oh, diese trügerische Idylle des Kleinbürgers, des Erwürgers! Ruhestörung seiner ach so friedlichen und wolligen Fassade, die bepinkelt wurde und anfing, an Ecken und Kanten aufzuweichen.

Liebe ist tot – drei Worte, die einen Riß in der hart gewordenen, spröden, unbeweglichen, unschmiegsamen Lehmschicht von Anstand, Vernunft, Gesetz, Recht und Ordnung und Moral verursachten, um aus einem schauderlichen Abgrund stinkende und modrige Gase entweichen zu lassen. Eine Indigestion der gemeinen Art – par excellence –, hervorgerufen durch exzessiven Konsum blutverdickender und geschmacksverstärkter
Kost.

Welch Morast verbirgt sich doch dahinter, daß einen derartiger Ekel, Übelkeit und Schüttelfrost überkommen
kann. Welch Geflecht von lügnerischer Heuchelei und siechender Liebkoserei. Welch Verlangen nach Platz, Raum, Luft zum Atmen, zum Formen eigener Gedanken. Welch ein Durst nach Veränderungen, Neugestaltungen und der Ferne. Das Streben nach der Entfaltung freien Denkens und die Flucht – vor dem erwachten Schatten. Ein Wille, der alles Verdeckte entdecken wollte und „richtig“ und „falsch“ zum Himmel empor spuckte.

Liebe ist tot – drei Worte. Schwere kalte Eisenketten, die gebrochen werden wollten. Doch das Losreißen riß
auch eigene Teile heraus, so daß tief klaffende Wunden lange Zeit Heilung verlangten und ewig währende Narben hinterließen. Losreißen und Loslassen muß gelernt sein. Doch manche Wunden wollten nicht heilen.

Sie täuschten es nur vor und eiterten unbemerkt weiter. Auch wenn man sie sah, so wollte man sie nicht ansehen oder konnte sie gar nicht erst erkennen. Aber sie waren. Sie kamen verkleidet und riefen zum Maskenball.
Das schwarze Loch der unendlichen Begierde, des Verlangens und der Sehnsüchte wollte gestopft werden und sog alles wackelige, brüchige, mitleidige, mickrige, liebliche gierig in sich hinein. Doch der Hunger blieb. Eine akribische Suche des Unbewußten nach verlorengegangenen, vielleicht noch nie besessenen Fetzen drückte nach oben wie Granatensplitter, um sich ein Ventil anderer Art zu verschaffen: im Schaffen und Schöpfen. Diese erschaffene Welt war die Musik, ein grenzenloses Reich, indem alles und noch mehr zu finden und vorhanden war. Ihre Alternative war die RAF (Rote Armee Fraktion) der siebziger Jahre und es wäre keine schlechtere gewesen, denn beide wollten gehört werden. Hören ist Natur. Hinhören muß gelernt sein und bedarf der Schulung des Gehörs, etwas, daß dem Menschen gar so schwer fällt, bis hoch zu unseren ehrenwerten Politikern.

Ja, ich verlor mich mehrmals und fand mich wieder. Und immerfort möchte ich mich verlieren, weiter, näher, tiefer, sichtbarer und unsichtbarer, am Abgrund von Angst und Ohnmacht, im Labyrinth unendlicher Biegungen und Winkel. Ruhen und fallen, schwer wie eine Feder, leicht wie ein Amboß.
Es gibt viel zu erkunden, und golden glänzt der Schatz, wenn er aus dunklem Verließ ans Tageslicht gehoben wird. Denn auch auf den abgelegensten Flecken dieser Welt wachsen Blumen, zart und fein. Es gilt, die eigene Übelkeit und das Erbrechen zu überkommen – nicht ihnen zu entkommen.

Liebe ist tot – drei Worte – ein Schatten. Ein Schatten, der gesehen werden wollte von seinem Herrn und Licht, das seinen Schatten suchte. Die Liebe, so wie sie gelehrt wurde und wie sie immer noch verstanden werden möchte von allen Verleumdern, Abwendern und Versteckern, von den Ausgeburten des Himmels, ist nichts als Lüge, als eine große Onanie, als eine Antiliebe schlechthin.
Zurücklehnen möchte man sich, mit einer Stoppuhr in der Hand, um all dieser blökenden Liebesbrut beim Zerplatzen zuzusehen, gleich Blattläusen über einer Kerzenflamme. Oh, diese Unwissenden, wissen sie doch mehr als ich.
Feine Fühler wuchsen aus grauer Asche hervor und nahmen alles wahr. Doch wie geht man damit um? Wohin mit all dem Wahrgenommenen und Wahrgewonnenen? Der Wind blies zu stark und die Wurzeln waren noch zu schwach, denn es fehlte noch an nötiger Tiefe.

Liebe ist tot – aber sie war bereits tot! Nur hatte ich ihr Grab noch nicht entdeckt. Dann stand ich davor und es war wunderschön. Ganz anders als man sagte. Die Liebe erkrankte, als der Mensch nach eigenen Vorstellungen seinen Gott erschuf, den Allmächtigen. Dann starb sie, als der Mensch mehr und mehr die Verantwortung der Liebe an seinen Gott abgab. So hatte man die Liebe wie einen aussätzigen Pest- und Leprakranken vor die Mauern der Stadt verbannt.

Sie starb, als der Mensch sie für sein Leid verantwortlich machte und Erlösung von Gott erwartete.
Sie starb, als man sie Sünde schimpfte.
Sie starb, weil man Angst vor ihr hatte, da sie mächtiger war und man sich um Hilfe rufend an seinen Gott klammerte, ihm sich schmeichelnd auf Knien unterwarf und um Vergebung flehte.
Sie starb, als sie vergewaltigt wurde.
Sie starb, weil der Mensch sich verriet und verkaufte mit all seiner Gier nach Geld, um die Macht zu gewinnen.
Was übrig geblieben ist, ist der selbstsüchtige und selbstgefällige Wille, über die Liebe zu herrschen.
Sie starb, als der Mensch anfing, mit Liebesentzug zu therapieren.
Nun liegt sie tief, tief, tief im Inneren einer goldenen Urne. Tief hinab, zu tief hinab müßte man graben und steigen, um ihre kalte und bittere Asche zu lecken und zu schmecken. Tief hinab müßte man, um den Tod in sich aufzunehmen. Wer mag es wagen?

Aber nein! bleiben wir bei Sinnen und bei unserer Vernunft und wundern uns lieber weiterhin über die Wunder dieser Welt. Hat denn diese viele Lichtguckerei uns nicht schon sinnlos blind gemacht? Tragen wir nun Sonnenbrillen, um uns vorm Licht zu schützen oder um unsere Leere und unsere Gewissensbisse zu verbergen?
Liebe ist Licht – Liebe ist Licht, welche Narrheit! Hauste die Liebe nicht weit jenseits von flacher Poesie verkrüppelter Wortkonstrukte und Algenbreiweisheiten?

Und konnte sie nicht nur schwingen, wenn Licht und Schatten Hand in Hand miteinander, ineinander, aufeinander, durcheinander SEIN konnten, metaphysisch gesprochen. Man vergebe mir. Oh, diese verdammteAbhängigkeit und Sucht. Lieber leidet man noch, als daß man sich leitet. Alle wollen Prinzessinnen, doch keiner mag der häßliche, glitschige, giftige Frosch sein. So halten wir uns weiterhin die Hände im Kreise und singen fromm, andächtig und leise, daß durch Warten und Nichtstun sich alles von alleine regelt, denn da war doch noch jemand, der für uns den Dreck kehrt, oder? So preisen wir weiterhin die Keuschheit, belügen unsere Kinder, leben das Leben in Erwartung auf Vergebung und lieben unseren Nächsten wie uns selbst. Zum Teufel mit der Liebe! Er hat sie verdient.

Liebe ist tot – das erste Lied, das ich vor Publikum spielte und sang. Das war Anfang 1981 ...

Boris Pikula, München im August 2006


Diesen haßt Du,
Weil er einen Teil Deiner Wahrheit in Dir erkennt -
Jenen liebst Du, welcher Dir hilft,
Deine Wahrheit zu verbergen.
Wie steht es um Deine Liebe?

 
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